Bericht des DVMF über das in:prove Projekt
Moderner Fünfkampf wird Gegenstand eines großen Forschungsprojekts
Die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Goethe-Universität Frankfurt und die Deutsche Sporthochschule Köln arbeiten an einem Forschungsprojekt, das – neben weiteren Sportarten – den Modernen Fünfkampf und seine Athlet:innen zum Gegenstand ihrer Untersuchung macht.
Im Mittelpunkt des Projektes steht die Frage, wie eine bessere Leistungsförderung der Athlet:innen aus den verschiedensten Disziplinen und Sportarten möglich ist. Ziel dabei ist, Wissen zu generieren, das möglichst effizient in die Praxis umgesetzt werden kann, um so die Konkurrenzfähigkeit deutscher Sportler:innen zu verbessern. Partner in diesem Mammut-Forschungsprojekt sind neben dem DVMF der Deutsche Basketball Bund (DBB), der Deutsche Volleyball Verband (DVV), der Deutsche Eishockey Bund (DEB), der Deutsche Turner Bund (DTB), der Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) sowie der Deutsche Tischtennis Bund (DTTB).
Unter Berücksichtigung der speziellen Leistungsstruktur soll eruiert werden, wo trainingsbedingte Anpassungen erwünscht und notwendig sind, wo konkrete Individualisierungsbedarfe liegen und wo konkrete Probleme der individuellen Leistungsentwicklung festzustellen sind. Soweit zumindest ganz allgemein gesprochen. In einem Gespräch erklären die Sprecher:innen der Kommission, Prof. Karen Zentgraf und Prof. Karsten Krüger, Ausgangspunkte, Ziele und Vorgehensweisen des Projekts etwas genauer.
Können Sie das konkrete Forschungsanliegen des Projekts kurz zusammenfassen?
„Das Thema lautet ‚Leistungsreserve Individualisierung‘. Die Möglichkeiten, individuelle Leistungsreserven zu aktivieren, sind in der Sportpraxis noch nicht endgültig ausgeschöpft. Das heißt, es gibt Ebenen, deren Berücksichtigung eventuelle Reserven zur Leistungssteigerung ermöglichen könnten. Das ist erstmal unser Ausgangspunkt, der für die Erstellung dieses Projektes ausschlaggebend war. Nun haben wir es uns mit dem Projekt zum Ziel gesetzt, eben solche Ebenen zu berücksichtigen und zu verbinden, um in der Konsequenz Leistungsreserven individuell aktivieren zu können, was zu effizienterem Training und besseren sportlichen Leistungen führen kann. Wir arbeiten in diesem Projekt mit der Expertise aus dem Bereich Sportpsychologie, dem Bereich Soziologie, wo es viel um Umweltkontexte geht, dem Bereich Bewegung – Training – Leistung, wo es um Reserven geht, die im Training mobilisiert werden können und dem Bereich Physiologie, wo beispielsweise der Faktor Genetik eine Rolle spielt“.
Wie gehen Sie dabei vor?
„Wir werden disziplinspezifisch erfassen, wie sich Eigenschaften von Athlet:innen in diesen eben genannten, verschiedenen Bereichen verhalten. Wir begleiten Trainingsprozesse und erfassen am Ende einer vorher festgelegten Periode, wer wie auf das spezifische Training reagiert, also wer ein sogenannter “high responder” (reagiert gut auf das Training) ist und wer ein “low responder” (reagiert schwach auf das Training) ist. Anschließend vergleichen wir die beiden Fälle in größerer Zahl miteinander, um dann feststellen zu können, was mögliche Ursachen für ausbleibende positive Leistungsentwicklungen sein könnten. Nach einer allgemeinen Analyse der bisherigen Erkenntnisse werden wir dann gemeinsam mit den Trainer:innen und den Sportler:innen, unter Berücksichtigung der verschiedenen Ebenen, Konzepte entwickeln, wie aus einer sogenannten “niedrigen response“ eine “stärkere response“ werden kann. Am Ende werden wir unterschiedlichste Athlet:innenprofile erstellen können, die eine Kategorisierung zulassen und somit auch auf andere Disziplinen und Athlet:innen anwendbar sind.
Das besondere an der Ausgestaltung dieses Projekts ist die Transdisziplinarität. Wir fixieren uns also nicht wie es bisher typischerweise gehandhabt wurde im Vornhinein auf eine Perspektive, die für diese Leistungsentwicklung relevant ist. Zudem werden von Anfang an Trainer:innen und Athlet:innen sehr intensiv in alle Prozesse involviert. Das ermöglicht uns eine Offenheit im Hinblick auf die individuellen Parameter, die für die jeweiligen Sportler:innen von Bedeutung sind. Wir entscheiden außerdem immer im Team, wo eine Trainingsmodifikation hilfreich sein könnte, und orientieren uns eng an der leistungssportlichen Praxis”.
Welche Eigenschaften des Modernen Fünfkampfes waren ausschlaggebend, um sich für die Teilnahme am Projekt zu qualifizieren?
“Wir können natürlich nicht alle Sportarten bedienen. Wir brauchten eine Mischung aus Sommer- und Wintersportarten, aus Einzel- und Mannschaftssportarten und so weiter, sodass wir eine hohe Übertragbarkeit auf andere Disziplinen gewährleisten können. Den Fünfkampf macht genau seine Vielseitigkeit für uns interessant: Wie ist es möglich, so viele Disziplinen zu vereinen und auf einem Leistungsniveau zu halten, das in der Weltklasse relevant ist? Es gibt außerdem viele Kompensationsmöglichkeiten in den einzelnen Teildisziplinen. Das ist für unser Projekt gleichermaßen Herausforderung wie auch wahnsinnig interessant”.
Frau Prof. Zentgraf, Herr Prof. Krüger, vielen Dank für das Gespräch.
Der DVMF sieht die Zusammenarbeit vielversprechend, so Bundestrainerin Kim Raisner: “Wir sind sehr froh, Teil des Projekts sein zu dürfen. Viele Fragen, beispielsweise in Bezug auf vermeintliche Leistungsgrenzen können beantwortet werden. Es geht um den Trainingsalltag, um Verletzungsprophylaxe und so vieles mehr. Am Ende soll auch ein schneller Transfer in die Praxis erfolgen, damit erhoffen wir uns immensen Gewinn für unsere Sportler:innen.”
Seit November laufen offizielle organisatorische Vorbereitungen, mit einem Forschungsstart kann etwa im März gerechnet werden, das Projekt ist auf vier Jahre angelegt. Noch ist also Geduld angesagt. Über aktuelle Fortschritte werden wir hier auf unserer Homepage berichten.
Redaktion: DVMF Presse
Quelle und erfahren Sie mehr https://www.dvmf.de/wissenswert/moderner-fuenfkampf-wird-gegenstand-eines-grossen-forschungsprojekts.html